Der Montagmorgen ist früh, ich bin ein bisschen müde, schlafwandle zur U-Bahn. Mein täglicher Weg nach Köln, so gut wie automatisiert. Montagmorgenablaufoptimierung.

Ein wesentlicher Schritt darin ist der Kaffee vom Starbucks im Bahnhof. Ein Latte Grande – nein, nicht mit double shot. Nur keine Experimente – es ist Montagmorgen, zehn nach sieben, das ist einfach nicht die Zeit für Experimente.

Ein Pappbecher, von linker Hand gehalten, ein erwartungsfroh davor kreisender schwarzer Filzstift, ein lächelnder Mund, aus dem die Frage kommt: „Welchen Namen darf ich schreiben?“ Elvira, Tom, Piano, Luca – Ihr seid die Baristas meines Lebens, denn Euer Lächeln tut so gut, besonders zehn nach sieben am Montagmorgen.

Ich muss kurz nachdenken… zehn nach sieben kann ich mich an meinen Namen noch nicht spontan erinnern, doch schließlich fällt es mir wieder ein: „Regine”. Filzstift und Pappbecher treffen sich mit einem sanften Quietschen.

„Ein Latte Grande für Irina!“. Ein Mann und ich warten an der Kaffeeausgabe. Ich schaue ihn an. Er schaut erst den Becher an und dann mich. Ich glaube, er heißt nicht Irina. Der Kaffee gehört mir.

Der Dienstagmorgen ist früh, ich bin… Na, Ihr wisst schon. Dienstagmorgenablaufoptimierung.

„Welchen Namen darf ich schreiben?“ – Ich sage: „Regine.“ Ich denke: Was auch sonst.

„Ein Latte Grande für Regina.“ Ich greife zu. Immerhin, wir sind auf einem guten Weg.

Der Mittwoch…. „Welchen Namen darf ich schreiben?“ Ich versuche es nochmal, und heute werde ich ein bisschen unterstützen: „Regine – mit eee bitte.“

„Eine Latte Grande für Reg…!“ – Der Presslufthammer im Untergeschoss setzt in dem Moment ein, auf den es ankommt. Gib mir den Becher – ich will sehen… Regena… Ich habe eine Assoziation von schlechtem Wetter und frage mich, wie viele Kinder wohl kurz nach der Geburt vertauscht werden.

Es ist Donnerstag, und ein bisschen gespannt bin ich jetzt schon. „Welchen Namen darf ich schreiben?“ Klaglos nehme ich den Becher mit einem schwarzen Schriftzug „Elena“ entgegen.

Die Tage vergehen. Wir arbeiten uns durch weitere Ausgaben von Regina (mindestens 12 mal), Rena, Iris, Nina, Irena, nochmal Elena und schließlich Rigine (!) hindurch. Ich fühle einen Hauch von Demut, aber auch Anzeichen von Verarbeitung.

 

IMG_1277 IMG_1300

Es ist ein regnerischer Morgen, ich bin spät dran. Die Stadt ist in Hektik heute, überall Schlangen und Gedrängel. Die Baristas meines Lebens haben viel zu tun, doch nichts hält sie davon ab, mir ein großes Lächeln zu schenken: „Welchen Namen darf ich schreiben?“

Ich sitze im Zug, ich bin noch immer ein bisschen müde. Mein Blick fällt auf die schwarzen Buchstaben neben dem grünen Logo mit der Sternennixe.

Henry.

Ich hole tief Luft – doch dann trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag. DAS erklärt allerdings einiges.

IMG_1146